Wegeführung durch das Erdgeschoß des Hessischen Landesmuseums, Grundriß 1913



Im Museum gerät der Ausstellungsbesucher immer wieder in Situationen, in denen er sich für einen Weg entscheiden muß: Ist es besser, rechts weiterzugehen oder doch lieber linksherum? Immer in der Angst, etwas zu verpassen, möchte der Besucher eigentlich geführt werden – nur will er das nicht merken.

Die Frage der räumlichen Orientierung wird im Museum viel diskutiert. Denn das Museum ist kein aufgeschlagenes Buch mit aneinandergereihten Sätzen, sondern ein Abfolge von Räumen, in denen Objekte dreidimensional angeordnet sind. Das Betrachten in einer vorgegebenen Reihenfolge ist hier praktisch unmöglich. Um den Besucher trotzdem in Sicherheit zu wiegen, daß ihm nichts entgeht, gibt es Fußbodenmarkierungen, Pfeile oder Hinweisschilder, die ihn immer wieder auf den richtigen Weg bringen – oder die er boykottiert, um anderen Spuren zu folgen.

Bei der Y-Situation in Gemäldegalerien Alter Meister ist die Entscheidung allerdings unausweichlich: entweder der Norden oder der Süden, entweder die niederländischen und deutschen oder die italienischen Maler – so lauten hier meistens die Alternativen, denn die Weggabelung scheint hier fast immer diesem System zu gehorchen. Manche Besucher verlassen sich aber auch einfach auf ihre Eingebung, die sie mit 95% aller Menschen teilen: nämlich daß sie sich beim Betreten eines Raumes – ob Supermarkt oder Hessisches Landesmuseum ist dabei egal – erst einmal nach rechts wenden und dann gegen den Uhrzeigersinn umher gehen. An dieser Stelle der Kasseler Gemäldegalerie wäre demnach den Italienern vor den Deutschen das Erstbetrachtungsrecht sicher.

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Weggabelung, Gemäldegalerie Alte Meister,
Schloß Wilhelmshöhe