Chinoiserien, kunstgewerbliche Gegenstände in chinesischer Manier, waren im 18. Jahrhundert Statussymbole besonderer Art. Ihr Besitz demonstrierte Weltoffenheit, und sie dienten in einer noch weitgehend immobilen Gesellschaft als Projektionsflächen bürgerlicher Sehnsüchte nach fernen und fremden Welten.

Das Museum ist eine xenologische Institution – ein heimatnaher Ort für die Erforschung des Fremden. Im 18. und 19. Jahrhundert bot es für die überwiegende Zahl der Menschen die einzige Möglichkeit, fremde Länder und natürlich auch die ferne Vergangenheit oder neue Entdeckungen aus dem Reich der Wissenschaften kennenzulernen. Bevor Reisen allgemein erschwinglich wurden, mußten – wenn überhaupt – die fremden Dinge zum Menschen kommen. Dies geschah durch die Mitbringsel eigens entsandter Sammler und Forschungsreisender und schließlich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert durch die großen Welt- und Kolonialausstellungen, auf denen die Museen häufig Objekte zur Erweiterung ihrer Sammlungen ankauften.

Aber ob die Objekte nun wirklich aus der Ferne kamen oder, wie die Tapete, in Deutschland hergestellt wurden, änderte im Prinzip nichts daran, daß sie im Museum zu Bildern des Fremden arrangiert wurden, die mehr über die Phantasiewelten der Europäer als über die tatsächlichen Kulturen ihrer Herkunftsländer aussagen. Das Museum tut deshalb gut daran, nicht nur die ferne Fremde, sondern auch das unbekannte Eigene, das eigene Fremde zu seinem Gegenstand zu machen.

links: Chinoiserietapete, deutsch, um 1760, Deutsches Tapetenmuseum, Hessisches Landesmuseum
rechts: Die Staatlichen Museen auf Chinesisch, Touristik-Broschüre der Stadt Kassel 2004

Seite schließen