Verkleidungskünstler



Das Selbstanschlußamt S22 war Anfang des 20. Jahrhunderts eine kleine Sensation: Die erste automatische Telefonvermittlung Deutschlands funktionierte ohne das Fräulein vom Amt und stellte selbsttätig den Kontakt zwischen den Gesprächsteilnehmern her. Überhaupt nicht automatisch stellt sich dagegen heute das Verständnis über die technischen Zusammenhänge beim Betrachter des Geräts ein.

Denn Museumsobjekte sprechen nicht von selbst. Als die Welt der Technik Einzug ins Museum erhielt, wurde immer unabweislicher, was Museumsobjekte im ganzen betrifft – die Notwendigkeit ihrer Erläuterung. Für die ästhetisch-künstlerischen Werke war man lange Zeit davon ausgegangen, daß die bloße Betrachtung hinreichenden Genuß und Information offenbaren würde. Damit das Museum aber nicht zum bloßen ästhetischen Erbauungsinstitut verkommt, sondern auch als konkrete Bildungsanstalt für technische und andere Zusammenhänge dienen kann, mußte es eine eigene Profession entwickeln: die Museumspädagogik, die heute auch oft Vermittlung genannt wird.

Dabei ist in den letzten 20 Jahren mehr und mehr eine Besuchergruppe in den Blick gerückt, die lange im Museum kaum mehr als ein gerade eben noch geduldeter Gast war: die Kinder. Obwohl sie immer alles anfassen wollen – eigentlich der Tod jedes Museumsobjekts –, sperrt man sie heute nicht mehr aus, sondern hat ihnen das Museum zum Anfassen erfunden. Aber das gibt es gar nicht, es muß immer neu gebastelt werden.

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Selbstanschlußamt S22, 1922, Astronomisch-Physikalisches Kabinett, Orangerie