Die Menagerie des Landgrafen Carl war eine Enzyklopädie der Tierwelt, ein lebendiges Museum. Starb ein Tier, wurde es präpariert und in den landgräflichen Sammlungen ausgestellt. So ähnlich ging es auch dem berühmten Kasseler Elefanten, der nach seinem Tod 1780 in Form einer Dermoplastik und eines Skelettes zwischen Antiken- und Schmetterlingssammlungen, Münzkabinett, Uhrenkammer und Wachsgalerie zu einer der Hauptattraktionen des Museum Fridericianum wurde.

Das Museum ist eine Sammelstelle für tote oder dem alltäglichen Gebrauch entzogene Objekte. Wenn sie aus allen Nähten zu platzen droht, kommt es zu neuen Sortierungen, die immer auch Spiegel eines bestimmten Wissensverständnisses sind. Das wohl folgenreichste Ordnungskriterium, die Trennung von Natur und Kultur, führte ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Umordnung der gesamten Objektbestände von Museen. Waren im Universalmuseum des 18. Jahrhunderts die „Dinge der Natur“ und die „Dinge der Kunst“ noch spiegelbildlich aufeinander bezogen gewesen, so traten sie nun als unterschiedliche Welterklärungsmodelle in Konkurrenz zueinander. Und so verabschiedete sich der Elefant 1888 ins neu gegründete Museum für Naturkunde.

Ob ein Elefant zwischen Muscheln, Münzen und antiken Vasen oder zwischen anderen Säugetieren, Amphibien und Fischen ausgestellt wird, ist ein himmelweiter Unterschied. Und hält man auch letzteres für „natürlicher“, so zeigt auch das nur, daß die im 19. Jahrhundert willkürlich getroffenen Unterscheidungen bis heute Gültigkeit besitzen. Schließlich ist das Präparat eines Elefanten nicht weniger künstlich als ein Kunstwerk.

links: Johann Melchior Roos: Die Menagerie des Landgrafen Karl, 1721–1728, Gemäldegalerie Alte Meister, Schloß Wilhelmshöhe
rechts: Das Skelett des Kasseler Elefanten im Naturkundemuseum

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