Der Sockel löst das Objekt vom Boden der Tatsachen. Wie der Bilderrahmen und die Vitrine gehört er zu den wichtigsten Präsentationshilfen im Museum. Er betont und beschützt ein Objekt gleichermaßen, ist Würdeformel und Abstandhalter in eins. Dem Betrachter ruft er zu: „Seht her, dies ist etwas Besonderes!“, und mahnt gleichzeitig: „Finger weg!“

Museen machen aus Ansammlungen von Objekten Ausstellungen. Sie entwickelten dabei schon frühzeitig besondere Methoden des Zeigens, um die Objekte vom profanen Raum des Alltags abzugrenzen und einen Raum des Erhabenen um sie herum zu schaffen. Ob das Objekt durch einen Rahmen oder eine Vitrine umschlossen ist oder durch den Sockel hochgehoben wird – erst durch diese Hilfsmittel nehmen wir sie als etwas Außergewöhnliches wahr. Genau dies hat die Kunst des 20. Jahrhunderts zum Thema gemacht. Auf den Sockel gehoben, kann selbst ein Bügeleisen oder eine Suppendose Neugier und Erfurcht hervorrufen.

Damit funktioniert der Sockel im kleinen wie das Museum im großen: In ihm stehen nicht einfach Sehenswürdigkeiten herum, sondern es bringt sie eigentlich erst hervor. Auch da, wo der Sockel abgeschafft wurde, in der Kunst des 20. Jahrhunderts, hat sich seine Funktion noch nicht erübrigt: Schaut man auf die Fußböden von heutigen Ausstellungsräumen – geschliffener Beton, bewußt roh belassener Estrich, weißes Linoleum –, erkennt man, daß sie selbst bereits die Funktion des Sockels übernehmen. So zeigt sich, dass Erhabenheit nicht zwangsläufig in der Höhe, sondern auch am Boden entsteht.

links: Skulpturengalerie, Sammlung Malerei und Plastik ab 1750, Neue Galerie
rechts: Blick ins Depot mit Rahmen

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