Die Rückseite von Gemälden kann eine Fundgrube für Informationen sein. Stempel, Schilder, Zettel, Nummerierungen oder handschriftliche Notizen geben häufig Auskunft, in wessen Wohnzimmer es schon einmal hing, welche Reisen es unternommen hat und in welchen Museen oder Galerien es schon einmal gezeigt worden ist.

Die Provenienz, also die Geschichte seiner Besitz- und Tauschverhältnisse, ist für das Museumsobjekt so etwas wie sein Lebenslauf. Besitzer und Standort können aus den unterschiedlichsten Gründen wechseln: weil sie verschenkt oder verkauft wurden, geerbt oder getauscht, gestohlen oder enteignet, verloren oder gefunden. Die Rückseiten enthalten diese Informationen meist nur bruchstückhaft, die mühsam aus Akten, Inventaren und Katalogen vervollständigt werden müssen. Je lückenloser die Herkunft eines Objektes rekonstruiert werden kann, desto größer ist sein wissenschaftlicher und materieller Wert.

Seit einigen Jahren befaßt sich die Provenienzforschung speziell mit der Geschichte von Objekten, die zwischen 1933 und 1945 den Besitzer gewechselt haben oder in den Besitz von Museen gelangt sind. Dabei ist zu klären, ob sie während des Nationalsozialismus unrechtmäßig enteignet worden sind. Auch die Besitzverhältnisse von Lovis Corinths Walchenseelandschaft mit Kuh wurden untersucht. Es stellte sich heraus, daß ein Aufkleber mit dem Vermerk „Besitzer Fritz Rothmann“ tatsächlich den Namen des letzten Käufers bezeichnet, der das Bild seit Frühjahr 1933 besaß und es einige Zeit später in die Emigration nach England mitnahm. Nach dem Krieg kam es als Leihgabe an die Stadt Kassel, die es 1980 schließlich ankaufte.

links: Lovis Corinth: Walchensee, 1921, Städtische Kunstsammlungen, Neue Galerie
rechts: Die Rückseite des Corinth-Gemäldes

Seite schließen