Gipsabguß einer Kopie
(Mitte 18. Jh.) nach dem Herkules Farnese



Um den Herkules kommt in Kassel niemand herum. Die Monumentalfigur auf dem Karlsberg ist eine von mindestens sieben Herkulesfiguren, die sich in den Kasseler Museumsbeständen finden. Jede der Figuren ist zwar auf ihre Art ein originales Kunstwerk, doch gehen sie alle auf den Herkules Farnese zurück , eine Skulptur aus der römischen Antike, die sich heute in Neapel befindet. Diese wiederum ist die Kopie einer griechischen Skulptur, die nicht mehr erhalten ist. Die neuzeitlichen Herkulesfiguren sind also genau genommen Kopien nach einer antiken römischen Kopie nach dem verschollenen griechischen Original.

Das Museum lebt von der Idee, daß Dinge echt und einzigartig sind. Das originale, historisch verbürgte Werk bildet sein ideelles Zentrum. Doch Original ist nicht gleich Original, auch wenn es sich selten so kompliziert verhält wie beim Herkules. Während etwa in der Malerei Originalität an der individuellen Handschrift eines Künstlers festgemacht werden kann, liegt sie bei kulturgeschichtlichen Objekten im historischen Zeugnischarakter und der unverfälschten Überlieferung begründet.

So gesehen ist jede Kasseler Herkulesfigur als historisches und ästhetisches Zeugnis ein Original. Doch um diesen Status zu erlangen, müßen die Kopien ein gewißes Alter erreicht haben oder auch Teil eines Kunstwerks geworden sein. Wenn beides nicht der Fall ist, wie bei der gleichförmigen Reihe der käuflichen Gipsabgüße aus dem Museumsshop, darf man getrost den Namen Kopie verwenden.

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Herkules, Torso, römische Kopie, 2.Jh.n.Chr., Antikensammlung, Schloß Wilhelmshöhe