Karteikarte aus dem Inventar der Fälschungen, um 1890



Als um 1750 das Interesse an der Geschichte Ägyptens wuchs und Altertümer aus dieser Zeit in Mode kamen, kaufte Landgraf Wilhelm VIII. für seine Sammlung eine „alt-ägyptische“ Statuette an. Aber er hatte sich übers Ohr hauen lassen: Die Erwerbung erwies sich später als „plumpe Fälschung“ – so jedenfalls der neue Eintrag im Museumsinventar.

Die Echtheit von Objekten ist eine Grundvoraussetzung dafür, daß sie ins Museum hineinkommen. Und so ist die Entdeckung einer Fälschung immer ein kleiner Skandal, denn sie rührt an das Grundverständnis der Institution – Hüter der Überlieferung eines geschichtlich verbürgten Werkes zu sein. Eine Fälschung packt das Museum gewissermaßen bei seiner Ehre. Sie zu entlarven, ist eine Herausforderung an die Kennerschaft seiner Mitarbeiter.

Die Identifikation einer Fälschung wird häufig dadurch erschwert, daß die Grenzen zwischen betrügerischer Fälschung und anderen Formen der Reproduktion wie Kopie, Nachbildung oder Rekonstruktion fließend sind. Gerade das späte 18. und 19. Jahrhundert haben in ihrem Drang zur enzyklopädischen Vollständigkeit eine Unzahl von Repliken hervorgebracht, die heute aufgrund ihrer dokumentarischen Funktion doch irgendwie Originale sind. Und für eine Kulturgeschichte der Fälschung ist der kleine ithyphallische Gott ein hervorragendes Dokument. Aber nur, weil die Fälschung wirklich echt ist.

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Ithyphallischer „ägyptischer“ Gott, 1. Hälfte 18. Jh., Antikensammlung, Schloß Wilhelmshöhe